Monatsarchive: September 2011

Twitter, Amen und das neue Facebook – Queryology als Analyseansatz

Mit Jörg Friedrich hatte ich unter meinem letzten Atrikel eine Grundsatzdiskussion über die Queryology, die realtionale Datenbank und die Freiheit. Friedrich wendete ein, dass in der heutigen Zeit, mit der heutigen Technik der Speicherung vor allem Freiheitsgrade verlorgen gingen und eben nicht hinzukämen. Die Strukturen der Datenbanken seien starr und verhinderten einen freien Umgang mit Daten. Noch auf Karteikarten seien viel erweiterbarere und sogar ganz aus der Rolle fallende Speichermöglichkeiten gegeben, etwa Notizen und Querverweise. Das ist ohne Frage richtig. Nur, wendete ich ein, die Queryology ist eben keine Liberalisierung der Speicherung, sondern der Abfrage. Sie ist der neue Ort der Freiheit. Wir sind es gewohnt nur auf die Seite der Speicherung – des Archivs – nach ihr zu suchen und beklagen uns, wenn sie uns dort abhanden kommt und deswegen entgehen uns schnell die neue Freiheitsgrade auf Seiten der Abfrage.

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Die Query und die Krise des Archivs

/******* Die Queryology – so sehr sie als Ansatz zur Erklärung vieler Phänomene in der heutigen Zeit taugt – wurde zuletzt theoretisch etwas unterbestimmt gelassen. Es blieben Fragen offen. Was genau sind die Mechanismen der Query? Wo kommt sie her, was ist ihre Geschichte? Was ist ihr Ort auf der Welt und zwar unabhängig von der Erfindung des Computers. Die Queryology muss einen gewissen Universalanspruch für sich reklamieren, das heißt, sie darf sich nicht darauf beschränken, Einzelphänomene zu einer bestimmten Zeit zu erklären, sondern sie muss auch auf den ganzen Rest, den wir Welt nennen, antworten können. In diesem Text versuche ich, diesem Anspruch ein wenig gerechter zu werden. *******/ Man stelle sich vor, man hat hat einen Stein. Es ist kein Stein, wie jeder andere, sondern ein besonderer Stein. Schön, glatt, schimmernd und irgendwie geheimnisvoll. Was tut man damit, wenn man ihn nicht die gesamte Zeit mit sich herumtragen will? Man legt ihn ab. An eine Stelle, wo man glaubt, dass man ihn wieder findet. Speichern hat immer mit einer Handlung in der Zukunft zu tun. Man speichert etwas an einer Stelle, wo man in einer zukünftigen Zeit wieder darauf kommt, wenn man sich fragt: „Wo habe ich den … Weiterlesen

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Wikileaks Kontrollverlust

Stehe! Stehe! Denn wir haben Deiner Gaben Vollgemessen! – Ach ich merk es, wehe! wehe! Hab ich doch das Wort vergessen! Johann Wolfgang von Goethe: Der Zauberlehrling In meinem ersten Artikel über Wikileaks schrieb ich: Der Kontrollverlust hat einen Kulminationspunkt gefunden: Wikileaks. Wikileaks ist für den Kontrollverlust das, was die New York Times für den Journalismus war ist. Die wichtigste Institution und das Paradebeispiel seiner Funktionsweise. Kein Monopol, aber ein Sinnbild. Und ja, mit und durch Wikileaks lässt sich das Phänomen „Kontrollverlust“ gut erklären, deswegen tue ich das immer wieder. Und auch diesmal haben die Jungs um Julien Assange ein weiteres Lehrstück inszeniert und dabei eine weitere Erkenntnis bewiesen: Wikileaks hat gezeigt, dass der Kontrollverlust kein Subjekt und kein Objekt kennt und vor allem, dass er keine Metaebene hat. Es gibt kein Außerhalb des Kontrollverlusts. „Ein Kontrollverlust entsteht, wenn die Komplexität der Interaktion von Informationen die Vorstellungsfähigkeiten eines Subjektes übersteigt.“ (via) Ein Kontrollverlust ist immer ein notwendig subjektiver, wenn auch kein ausschließlich menschlicher. Aber es braucht einen Akteuer (oder Akteure), Leute die handeln, die kommunizieren und die glauben, Herr dieser kommunikativen Handlungen zu sein.

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Filtersouveränität um 1921

Die Antwort des Bibliothekars Lohse gegenüber Bestrebungen aus Preußen, Bücher nach Qualitätsmaßstäben aus seiner Bibliothek in Kiel auszusortieren: Der individuelle Wert jedes Buches pflegt nach dem Gewicht der geistigen Leistung bemessen zu werden, die ihm zugrunde liegt, und da unter diesem Gesichtspunkte die Skala nach oben wie nach unten unbegrenzt ist, so kann die Abschätzung allerdings oft genug bis zum Prädikat völliger Wertlosigkeit herabsinken. Anders ist es, wenn man erwägt, daß ein jedes Buch – im weitesten Sinne des Wortes – auch als historisches Dokument betrachtet werden kann und, sobald es dem Bestande einer Bibliothek angehört, auch betrachtet werden muß. Als solches besitzt es zumindest einen relativen Wert, der sinken, steigen, latent bleiben und anscheinend sogar völlig verschwinden kann, der aber alsbald hervortritt, sobald man es unter einem bestimmten Gesichtspunkt […] ansieht […]. Schon unter diesem Aspekt kann das an sich Unbedeutendste und Wertloseste Wert und Bedeutung gewinnen […] Demzufolge wird es geradezu als Pflicht jeder öffentlichen Bibliothek zu betrachten sein, ihren gesamten Bücherbestand […] ungeschmälert zu erhalten. Gefunden in einer Fußnote in: Nikolaus Wegemann: Bücherlabyrinthe, S. 144. PS: Eine Stelle eines Briefes, gewiss, den der brave Herr Lohse an die preußische Zentralbibliothek sendete, die ein Archiv aufnahm. Ein Zitat, … Weiterlesen

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