Schlagwort-Archive: politik

Filtersouveränität als Politik

Im zweiten Teil meines Buches, in dem ich die Strategien in Zeiten des Kontrollverlusts entwickle, geht es häufig um die sogenannte „Filtersouveränität„. Also die Souveränität zu entscheiden, über welchen Mix von Quellen ich mich informiere aber auch wie ich mich vor unliebsamen Informationen abschotte. Leider hat in dem Buch eine Strategie der Filtersouveränität keinen Platz gefunden: Die Filtersouveränität als Politik. Das will ich hier – auch aus aktuellem Anlass – nachholen. Der Einfachheit halber nehme ich meine eigene Politik der Filtersouveränität zum Beispiel. Twitter ist seit 2007 die Schaltzentrale meines gesamten Onlinewirkens. Hier investiere ich nach wie vor die meiste Aufmerksamkeit, hier laufen die meisten Informationsstränge zusammen und hier gebe ich auch die meisten Informationen weiter, die mich bewegen. Auch wenn ich hier und da damit hadere, bleibt Twitter meine Onlineheimat – nein, noch viel mehr: es ist die Erweiterung meines somatischen Nervensystems ins Internet hinein. Jedes Following ist ein Rezeptor, der mir neuronartig Impulse aus dem Informationsstrom sendet, den wir Welt nennen. Jeder dieser Rezeptoren ist einzigartig und reagiert auf verschiedene Informationssarten auf unterschiedliche Weise. Wie ich folge Wenn ich jemandem folge, bedeutet das erstmal nur, dass ich mich dafür interessiere, was die Person zu sagen hat. Es bedeutet … Weiterlesen

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Zeit.de – Die Privatsphärenfalle

/******* Manchmal kommen die Erkenntnisse in der falschen Reihenfolge. In der SPEX hatte ich vor ein paar Wochen den alternativen Weg beim Kampf gegen Überwachung in der Post-Snowdenzeit aufgezeigt: Das neue Spiel. Aber erst jetzt – nach der Bundestagswahl – wird endgültig klar, warum der bisherige Diskurs über Überwachung in eine Sackgasse geführt hat. Darüber habe ich auf Zeit Online geschrieben. *******/ Es muss als historischer Zufall gewertet werden, dass die diesjährige Bundestagswahl mitten in den größten Datenschutz-Skandal der Weltgeschichte fiel. Potenziell alle Internetdaten werden in Echtzeit gescannt, gespeichert und ausgewertet. Daten aus Social Networks werden in Massen weitergegeben, verschlüsselte Verbindungen werden geknackt oder umgangen. 2013 wird als das Jahr der Datenschmelze in die Geschichte eingehen. Zur gleichen Zeit läuft die bundesrepublikanische Presselandschaft zur Höchstleistung auf. Sie setzt den Überwachungsskandal immer wieder ganz oben auf die Tagesordnung, berichtet scharf und detailliert, monatelang, in ungeahnter Qualität und kritischer Haltung. Während all dem tut die Bundesregierung: nichts. Es gibt ein paar Appelle, ein Besuch des Innenministers in Amerika, ansonsten Rechtfertigungen, peinliche Ausrutscher, Beschwichtigungen und Lügen. Selbst Angela Merkel, sonst die ruhige Managerin im Hintergrund, kommt zum ersten Mal ins Schleudern. Und das mitten im Wahlkampf. Das Ergebnis: Die Union erringt einen historischen … Weiterlesen

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FES: Das Partizipations-Transparenz-Dilemma

/***** Dieser Text ist im Rahmen des Arbeitsbereichs BerlinPolitik der Friedrich-Ebert-Stiftung erschienen und ist eine Art Ergänzung zu dem Podium auf dem ich Gast sein durfte. Eine schön gesetzte PDF-Version zum Ausdrucken findet man hier. ******/ Neulich kam ich aus einem Restaurant. Ich hatte mit einem guten Freund gespeist und wir wollten noch weiter in eine Bar. Als ich zur Straße ging um ein Taxi zu rufen, hielt mich mein Freund zurück. Er zückte stattdessen sein Smartphone und startete dort ein Programm: eine Taxi-App. Nach anderthalb Minuten stand das Taxi vor uns. Das Internet funktioniert Ende zu Ende. Es verbindet jede Person mit jeder Person, direkt, ganz ohne Vermittler. Eine Taxizentrale braucht es nicht mehr, wenn man eine App hat. Die Positionsdaten des Smartphones werden zusammen mit den restlichen Daten den Taxis in der Nähe angezeigt und können sofort bedient werden.

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Was wäre echte Netzneutralität?

Wenn man sich in die Tiefen der Netzneutralitäts/Quality of Service Debatte einliest, merkt man schnell, dass das alles nicht so einfach ist. Schließlich ist die Topographie des Netzes nicht wirklich gleichmäßig und die Datenströme verteilen sich ebenso ungleichmäßig. Provider arbeiten schon lange daran, mithilfe von Priorisierungen und intelligentem Routing die Datenströme einigermaßen im Zaum zu halten. Egal wie man zur Netzneutralität steht, QoS gibt es und es ist notwendig und es ist auch wichtig für den Nutzer und es kann nicht darum gehen, dass den Providern verboten wird, ihren Traffic zu managen. Was Netzneutralität aber will, ist, dass jenseits von Maßnahmen zur Sicherung der Standards, Daten nicht nach ihrer Art oder Herkunft beliebig ausgebremst oder bevorzugt oder gar ganz aussortiert werden. Die Idee dahinter ist die einer neutralen Infrastruktur. Und das nicht nur aus wirtschaftlichen, sondern vor allem aus politischen Beweggründen. Was wäre Meinungsfreiheit heute schließlich noch wert, wenn die Infrastrukturbetreiber oder Politiker heimlich darüber entscheiden können, welche Nachricht wie, ob und in welcher Qualität ankommt? In der Frage der Umsetzung jedoch scheiden sich die Geister. Wollen wir Netzneutralität staatlich garantieren, also eine Regulierung zur Nichtregulierung einführen? Oder sollten wir lieber ordnungspolitisch für einen vitalen Wettbewerb sorgen, und darauf hoffen, … Weiterlesen

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Das politische Denken der Piraten

Die Piratenpartei ist mit einem sensationellen Erfolg in den Berliner Landtag eingezogen. Journalisten und Politiker stehen vor einem Rätsel. Ihre Deutungsversuche gehen von „Protestpartei„, „neue FDP“ bishin zur es sich bequem machenden „Einthemenpartei„. Sie versuchen gar nicht die Piraten zu verstehen, sondern nur die passende Schublade für sie zu finden. Dass die Piraten einen eigenen originären Politikansatz haben könnten, scheint niemand in Betracht zu ziehen. Doch wenn man sich den Wahlkampf genau ansieht, dann wundert man sich, dass kaum eines der Klischees über die Piratenpartei erfüllt wird. Wo bitte waren die Piraten eine „Einthemenpartei„? Netzpolitik kommt beispielsweise in dem Wahlprogramm der Piraten kaum vor. Außer der Forderung nach einem flächendeckenden W-Lan war dazu nicht viel zu finden. Warum auch? Netzpolitik ist schließlich nur sehr selten Ländersache. Und auch der Rest des Programms lässt sich kaum in eine klassische politische Richtung verorten. Wäre die FDP etwa für Marihuanalegalisierung, den Fahrscheinlosen Personennahverkehr und gegen Studiengebüren? Sind besserer Zugang zu Bildung und stärkere Trennung von Staat und Kirche etwa Themen mit denen eine Protestpartei auf Stimmenfang gehen würde?

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ZEIT.de – Mitreden, nicht nur die Stimme abgeben

/********* Eigentlich sollte der Artikel „Die Komplexität des Zorns“ heißen und überhaupt ist er sehr stark redigiert worden und ich hatte – weil ich auf einer Konferenz in Kairo war – leider nur Zeit das Nötigste zu korrigieren. Ich bitte also darum, einige Aussagen und Formulierungen nur mit Vorsicht mir zuzuschreiben. Im Zweifelsfall einfach nachfragen. Im großen und ganzen stimmt aber der Inhalt noch mit meiner These überein. *********/ Menschen aller Schichten, aller politischen Anschauungen, sind in Spanien auf die Straße gegangen. Die Proteste vor den Wahlen entstammten keinem politischen Lager, stützten sich nicht auf eine Organisation, sondern wurden getragen von ganz normalen Bürgern. Die Protestierer haben kein Programm, keine ausgefeilten Forderungen, keinen Plan B und schon gar keine Utopie. Sie wissen nur, dass alles falsch läuft und dass es so nicht weiter gehen kann. Sie eint allein ihr Zorn, ihre Wut über die Arbeitslosigkeit, über die rigiden Sparprogramme, mit denen die Folgen einer Krise bezahlt werden sollen, für die sich die Betroffenen nicht verantwortlich fühlen. Der Spiegel schuf im Oktober 2010 den Begriff „Wutbürger“ und meinte mit ihm jene, die das Gefühl hätten, „Mehrheit zu sein und die Lage besser beurteilen zu können als die Politik“. Er meinte jene, … Weiterlesen

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Wikileaks zwischen Aufklärung und Queryöffentlichkeit

Wir leben in vielseitig interessanten Zeiten, das merkt man derzeit noch mehr als sonst. Bei ZeitOnline habe ich den Kontrollverlust als das Leitparadigma der kommenden Dekade bezeichnet und die groben Linien des auf uns zurollenden Kulturkampfes skizziert. Dieser Kampf wird um nichts weniger als die bedingungslose Transparenz gehen, die Wikileaks und all seine Nachfolger uns bescheren werden.

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taz: Die Transparenz der Anderen

Die netzpolitische Szene hat ein Problem. Datenschutz und Transparenz waren schon immer ihr Anliegen – Themen, für die sie auch am Samstag auf der „Freiheit statt Angst“-Demonstration in Berlin eintreten wird. Doch gerade jetzt, wo diese Themen dank Wikileaks und Google Street View auch in der gesamtgesellschaftlichen Debatte ankommen, wird klar, wie widersprüchlich diese Forderungen sind. Und schon immer waren. Denn einerseits ist der Computer ein mächtiges Werkzeug der Partizipation und Meinungsfreiheit des Privatmenschen. Und andererseits ist da die Angst vor dem Missbrauchspotential des Computers in den Händen des Staates als Kontrollinstrument für den Einzelnen. Die Sicht auf die Verarbeitung von Daten ist seit langem zwiegespalten: Wo sie der Zivilgesellschaft Vorteile verschafft, wird sie bejubelt und eingefordert. Wo sie von den staatlichen – und neuerdings privatwirtschaftlichen – Stellen genutzt wird, wird sie verdammt und soll eingeschränkt werden. [Weiterlesen bei taz.de]

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Bundespräsidiale Kontrollverluste

Es ist vielleicht ein guter Zeitpunkt, in die aktuelle Tagespolitik zu schauen, um festzustellen wie weit der Kontrollverlust durch das Internet im politischen Geschehen gediehen ist. Die Netzsperrendebatte hat nämlich vor allem eines gezeigt: mit dem Netz als politischen Faktor ist zu rechnen. Was bisher nur für die so genannte „Netzpolitik“ galt, wird sich auf alle Politikfelder ausweiten. Der Einfluss des Netzes wird nicht auf solche Themen beschränken bleiben, denn die Diskurse im Netz sind so vielfältig, wie die aller Stammtische zusammen genommen. Mindestens.

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Managing CTRL-Verlust III – Vorschläge zu einer Politik der herrschaftsfreien Kommunikation

Nachdem ich im Zuge der Reihe „managing CTRL-Verlust“ den aus der Netzsperrendiskussion (Teil 1) auch in Deutschland aufkeimenden Netzneutralitätsdiskurs auf alle Layer des Internets gemappt habe und zu einer generellen Forderung nach Plattformneutralität (Teil 2) transformiert habe, ist es an der Zeit, diese Forderung als allgemeines Gesellschaftskonzept herzuleiten und auszuformulieren. Der letzte Teil der Reihe soll sich in einer kruden Radikalität ergehen, die manch einen erschrecken dürfte. Aber Sie wissen ja wie das ist: ein Gespenst geht um auf der Welt, das Gespenst des Kontrollverlusts…

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