Der zweite Markt

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Der zM ist ein Phänomen des Informationsmarktes im Internet. Der zM entsteht, wenn das, was Georg Franck die Aufmerksamkeitsökonomie nennt, auf den ersten und eigentlichen, den monetären Markt der Information trifft. Während Informationen im ersten Markt gegen Geld getauscht werden, werden Informationen auf dem zM gegen Aufmerksamkeit getauscht. Existieren beide Märkte parallel, dann ist das Angebot des ersten Marktes (Information) gleich des Nachfragers des zM – also der Aufmerksamkeitsökonomie. Das Resultat ist eine Kanibalisierung des ersten Marktes.

Beispiel ist der Online-Nachrichtenmarkt. Es ist auch deswegen so schwer Geld mit Informationen im Internet zu verdienen, weil es viele Leute gibt, die unentgeldlich und nur für Aufmerksamkeit bereit sind, Informationen zu publizieren (Blogger, Twitterer, Facebookfreunde, etc.) und die damit den Marktwert für Informationen auf teilweise unter 0 drücken.

Bislang wurde das Phänomen nur in einem Blogpost behandelt: Fullfeeds, Gewalt und eine Skizze des “Zweiten Markts”:

Der Grund, warum Informationen also auf Dauer keinen monetären Wert haben werden, ist, dass jede Information, die gerne auf dem ersten Markt ein zu bezahlendes Angebot sein möchte, gleichzeitig im Zweiten Markt ein Aufmerksamkeitsnachfrager ist. Es tritt das ein, was Ökonomen einen “Externen Effekt” nennen, einen Effekt, der nicht aus dem Markt selbst, sondern von außerhalb auf das Preisgefüge drückt. Und da sich auch in Zukunft die Tools zum effizienten Strukturieren der Information für den Leser verbessern werden und weil auch in Zukunft die Zahl der Sender und die Menge ihrer Informationen steigt und weil die Filter deswegen immer strenger und genauer – ja, hochauflösender diskriminieren, wird der Wettkampf um Aufmerksamkeit weiter steigen. Der Aufmerksamkeitspreis im Zweiten Markt übersteigt schon jetzt stellenweise den des monetären Marktes und hebt ihn auf diese Art mehr als auf!

Der zM ist aber als Effekt des Kontrollverlusts weiterhin von Bedeutung und wird es in Zukunft immer mehr. Der Diskurs um den zM verspricht einerseits Erklärungen für das Bedürfnis des Teilens von Information in der Gesellschaft und deutet vielleicht andererseits die Richtung, in die eine neue gesellschaftliche Ordnung nach dem Kapitalismus gehen könnte.

Dazu, etwas schemenhaft und andeutungsweise, ein Kommentar von Thorsten Roggendorf, der mich bei Google Plus erreicht hat

„Natürlich gibt es Gier. Ich halte sie aber für phänomenal überschätzt. Wir neigen dazu zu glauben, dass die Menschen gierig nach Geld und Macht sind. Das trifft sicher auf manche zu, nicht aber auf die überwältigende Mehrheit. Was (fast) alle wollen, ist soziale Anerkennung.

Einer der größten Fehler unseres Systems besteht darin, soziale Anerkennung mit Geld gleichzusetzen. Das einzige Prinzip, das Menschen dazu bringt, sich vernünftig zu verhalten, ist soziale Kontrolle. Wir erlauben es, sich dieser Kontrolle zu entziehen und ersetzen echte soziale Anerkennung durch ein abstraktes Maß – Geld – dass dazu absolut nicht geeignet ist.

Ich glaube, dass wir das Internet nutzen könnten, um diesen Fehler zu beheben. Denn hier könnte sich soziale Wertschätzung für jeden nachvollziehbar dokumentieren lassen. Wir brauchen das Netz dazu, weil wir (glücklicher Weise) den engen sozialen Gefügen der Vergangenheit entkommen sind. Ich entwickle ein Projekt, das dies zunächst als Experiment testen soll.:

Bezüge zu anderen Begriffen dieses Blogs:

– Der zM ist ein Resultat des Kontrollverlusts
– und der neuen Macht des Lesers durch die Queryology
– also seiner ausgeübten Filtersouveränität
– Außerdem ist der zM eine mögliche Antwort für eine Gesellschaft nach dem Weltkontrollverlust.

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