Archiv der Kategorie: Weltkontrollverlust

xAi / Grok

Elon Musk hat nun die Veröffentlichung des Chatbots „Grok“ angekündigt und es scheint tatsächlich so schlimm zu werden, wie ich es mir dachte. In meiner Studie zu Large Language Models hatte ich in einem extra angehängten Epilog genau dieses Szenario antizipiert. Aus aktuellem Anlass veröffentliche ich diesen Abschnitt nochmal gesondert. Epilog Die öffentliche Debatte um Künstliche Intelligenz geht sehr häufig um spekulative Szenarien rund um AGI, Superintelligenzen und die Frage, ob diese uns nun retten oder ausrotten werden. Doch LLMs müssen nicht superintelligent sein – eigentlich müssen sie überhaupt nicht in einem menschlichen Sinne intelligent sein –, um einen enormen Einfluss auf alle Aspekte unserer Welt zu haben. Wenn eine Technologie so tief in unser kollektives Betriebssystem – die Sprache – implementiert wird, sind die Effekte vorhersehbar groß und unvorhersehbar vielfältig. Paul Virilio hat einmal gesagt, dass jede Technologie ihren eigenen Unfall produziert (Virilio/Lotringer 1983, S. 35 f.). Zwei Dinge sind dabei zu ergänzen: Ein Unfall ist nur dann ein Unfall, wenn er nicht vorhergesehen wurde. Und die Gefährlichkeit des Unfalls ist proportional zur Mächtigkeit des verunfallenden Systems. Denken wir an Social Media. Die Euphorie aus den Anfangstagen war im Nu verflogen, als wir feststellten, dass Plattformen als politische Waffen … Weiterlesen

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Danke für den Fisch!

Ich ziehe mich von Twitter zurück. Ich werde meinen Account behalten, ihn aber stilllegen. Ich werde die App von meinen Geräten werfen und die Website nicht mehr ansteuern. Ich spreche seit der Übernahme von Elon Musk immer wieder davon, dass ich diesen Schritt zunehmend als notwendig erachte. Ich brauche immer etwas, bis bei mir aus einer Idee ein Entschluss und aus dem Entschluss eine Tat wird. Nun ist es soweit. Es gibt dafür gar keinen konkreten Anlass, eher ein Gesamtbild, dass sich immer erkennbarer zusammengefügt. Twitter ist jetzt die persönliche Waffe von Elon Musk im weltweit tobenden Kulturkampf. Momentan funktioniert das zwar eher schlecht als recht, aber der Schaden für den Diskurs und die Demokratie ist trotzdem heute schon real. Twitter verändert sich rasant und wird immer mehr zur rechten Trollhölle aber gleichzeitig wird es in der Öffentlichkeit nach wie vor ernst genommen. Das ist eine gefährliche Entwicklung, denn sie verschiebt gesellschaftliche und politische Erwartungen und normalisiert Dinge, die nicht normalisiert gehören. Musks Waffe feuert nicht plötzlich, sondern sukzessive und allmählich und normalisiert eine neue Art des Diskurses „one scandal at a time“. Man konnte den Mechanismus bei Donald Trump gut beobachten: Trumps Erbe sind nicht die einzelnen Policyentscheidungen seiner … Weiterlesen

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The History of Digitalisation in Five Phases

/**This is a shortened translation of my text „Die Geschichte der Digitalisierung in fünf Phasen“ by Julian Rybarsky for a hand-out publication of the FFT-Festival „Claiming Common Spaces II“ where I had the honor to speak. **/ There is no English word for “Digitalisierung”. Instead, one speaks of “technology”, “artificial intelligence” or “innovation”, also addressing different topics and various debates each time. In Germany, the term embraces all those processes of structural adaptation that the introduction of digital technology into our everyday lives entails. It allows us to perceive heterogenous processes as one whole, but it also makes the conspicuous vastness of the phenomenon seem intimidating. I subdivide the history of “Digitalisierung” into four phases that successively lead from the 1980s to our present day. The idea is to generate enough acceleration in the narration of the four phases to use them as a platform for the future – that is, the fifth phase – and to dare a related speculation. Phase One: Early Networking Utopias (1985 – 1995) Computers already existed in the 1970s, although they were very large, and mainly installed at universities, in military compounds or at big corporations. Most people knew of them only by way … Weiterlesen

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Wikimedia: Ist die digitale Gesellschaft noch zu retten?

/** Beim Wikimedia-Salon saß ich zu dem Buchstaben „V“ wie Vertrauen auf einem Panel. Zudem habe ich die letzte Zeit viel zu der Wikipedia und ihrer Krise geschrieben, als auch über die Geschichte und Zukunft der Digitalisierung. All das fließt in diese längere Reflexion zur Zukunft der digitalen Gesellschaft ein, in der ich auch versuche Hoffnung zu schöpfen. Ich hoffe, das ist gelungen. **/ Wir sprechen über die digitale Gesellschaft, als ob wir wüssten, was das ist. Oder als wäre die digitale Gesellschaft einfach der Nachfolger der analogen Gesellschaft. Also dieselbe Gesellschaft, nur mit Online-Banking, Amazon statt Einkaufszentrum und Facebook-Gruppe statt Stammtisch. Ich empfinde es als Vorteil, dass wir in Deutschland die „Digitalisierung“ auch als gesellschaftlichen Prozess diskutieren. Leider läuft man dabei schnell in die Gefahr zu glauben, es reiche, die vorhandenen Strukturen zu nehmen und einfach digital neu zu denken. Die Rede von „Digitaler Gesellschaft“ scheint mir genau in diese Falle zu laufen, denn sie übersieht, dass Gesellschaft – egal ob als abstraktes Gebilde oder konkrete Struktur – immer auch ein Produkt medialer Bedingungen ist. Das hat bereits der Lehrer und Mentor von Marshall McLuhan – Harold Innes – verstanden. In seinem Buch „Empire and Communications“ von 1950 zeigt … Weiterlesen

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Blockchain For Dummies

[German Version] The ‚blockchain‘ is currently being praised as a new miracle technology. The word appears six times in the German coalition agreement for the new government – and always in the context of new and promising digital technologies. But what is behind all this? Blockchain technology was born with its first popular application: Bitcoin. Bitcoin is based on the fact that all transactions made with the digital currency are recorded in a kind of ledger. However, this ledger is not located in a central registry, but on the computers of all Bitcoin users. Everyone has an identical copy. And whenever a transaction happens, it is recorded more or less simultaneously in all these copies. It is only when most of the ledgers have written down the transaction that it is considered completed. Each transaction is cryptographically linked to the preceding transactions so that their validity is verifiable for all. For instance, if someone inserts a fake transaction in between, the calculations are no longer valid and the system raises an alarm. What we’ve got, is a storage technology that no individual can control or manipulate. Early on, even bitcoin skeptics admitted that besides the digital currency itself, it is … Weiterlesen

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Digital Tribalism – The Real Story About Fake News

Text by: Michael Seemann / Data Visualization by: Michael Kreil [Download as PDF] [(original) German Version] The Internet has always been my dream of freedom. By this I mean not only the freedom of communication and information, but also the hope for a new freedom of social relations. Despite all the social mobility of modern society, social relations are still somewhat constricting today. From kindergarten to school, from the club to the workplace, we are constantly fed through organizational forms that categorize, sort and thereby de-individualize us. From grassroots groups to citizenship, the whole of society is organized like a group game, and we are rarely allowed to choose our fellow players. It’s always like, „Find your place, settle down, be a part of us.“ The Internet seemed to me to be a way out. If every human being can relate directly to every other, as my naive-utopian thought went, then there would no longer be any need for communalized structures. Individuals could finally counteract as peers and organize themselves. Communities would emerge as a result of individual relationships, rather than the other way around. Ideally, there would no longer be any structures at all beyond the customized, self-determined network … Weiterlesen

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Digitaler Tribalismus und Fake News

Text: Michael Seemann / Datenauswertung: Michael Kreil (DataScience&Stories des Tagesspiegels) [Dokument als PDF laden.] [English Version] Einleitung Das Internet war für mich immer der Traum der Freiheit. Damit meine ich nicht nur die Freiheit der Kommunikation und der Information, sondern auch die Hoffnung auf eine neue Freiheit der sozialen Beziehungen. Soziale Beziehungen sind, trotz aller sozialer Mobilität der modernen Gesellschaft, auch heute noch etwas sehr Unfreies. Vom Kindergarten über die Schule, den Verein bis zum Unternehmen durchlaufen wir ständig Organisationsformen, die uns fremdbestimmt gruppieren, sortieren und somit entindividualisieren. Von der Hasen- und Igel-Gruppe bis zur Staatsbürgerschaft ist die Gesellschaft als Gruppenspiel organisiert und unsere Mitspieler dürfen wir uns nur selten aussuchen. Und dann heißt es: „Finde dich ein, ordne dich unter, sei ein Teil von uns.“ Das Internet erschien mir als Ausweg. Wenn sich jeder Mensch mit jedem anderen Menschen direkt in Beziehung setzen kann – so mein naiv-utopische Gedanke – dann braucht es keine vergemeinschaftenden Strukturen mehr. Auf einmal können Individuen sich auf Augenhöhe begegnen und sich selbst organisieren. Gemeinschaften entstünden auf einmal als Resultat individueller Beziehungen, statt umgekehrt. Im Idealfall gäbe es überhaupt keine Strukturen mehr, die über die individuell-selbstbestimmten Beziehungsnetzwerke jedes Einzelnen hinausgingen.1 Spätestens die Wahl Donald … Weiterlesen

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Societies of Post-Control (Talk)

This was my opening keynote at the conference „Societies of Post-Control“ in January 2017 in Amsterdam.

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Das Regime der demokratischen Wahrheit IV – It’s the Culture, Stupid

Zurück zum Regime der demokratischen Wahrheit und der Frage: wie kann jemand, der offensichtlich lügt, einfach so damit davonkommen (Teil I)? Wir haben festgestellt, dass die neue Pluralität der Medien vielleicht auch ihre Schattenseiten hat (Teil II) und dass Trump schon während des Wahlkampfes eine gewisse Antifragilität (Teil III) gegen alle möglichen Skandale entwickelt hat und begonnen, diese Antifragilität zu analysieren. Es ist diese Antifragilität, die nicht nur ihn, sondern auch seine Lügen schützt. Es scheint fast so, als würden die Menschen gar nicht merken, dass er lügt, als ob die Fakten viele Leute überhaupt nicht mehr erreichen. Trump-Anhänger/innen scheinen immun zu sein gegen Fakten, immun gegen die Wahrheit. Wir wollen an dieser Stelle aber alle Thesen verwerfen, die mit dem Bildungsgrad oder der Intelligenz der Trump-Supporter/innen argumentieren. Diese Immunität ist keine natürliche, sie ist eine hergestellte. Eine populäre Erklärung dieser Immunität ist die vielzitierte Filterblase. Eli Pariser hat 2011 die Welt davor gewarnt, dass unser Social Media-Konsum dazu führt, dass wir die Welt nur noch personalisiert wahrnehmen. Filter, die vor allem aus unseren Freunden und Followings bei Facebook und Twitter bestehen, aber auch aus den Algorithmen der Plattformen, selektieren unsere Nachrichten vor und vermitteln uns so ein verzerrtes oder … Weiterlesen

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Das Regime der demokratischen Wahrheit (Teil III) – Antifragilität und euphorische Ironisierung

Wir haben im ersten Teil eine neue Art der politischen Lüge identifiziert und sie “demokratische Wahrheit” genannt. Im zweiten Teil haben wir sie genauer definiert und festgestellt, dass die durch das Internet veränderte Medienlandschaft der ideale Nährboden der demokratischen Wahrheit ist. Doch wie wirkt der Mechanismus der demokratischen Wahrheit nun genau und wie organisiert er seine Öffentlichkeit? In diesem Teil wollen wir versuchen, Trumps Strategie seiner Unangreifbarkeit freizulegen.1 Als Mitt Romney 2012 in einer kleinen Wahlkampfveranstaltung sagte, dass er sich in seiner Präsidentschaft nicht um die 47 % Transferempfänger kümmern wolle, war ihm nicht klar, dass jemand den Ton mitgeschnitten hatte. Als die Aufnahme veröffentlicht wurde, stürzten sich die Medien darauf, der Skandal nahm seinen Lauf. Romneys Kampagne war ruiniert. So läuft das in den USA. Das Mediensystem ist unerbittlich, man darf sich keine Fehler erlauben, die Medien zerstören einen sofort. Donald Trump wurde zerstört. Jede Woche mindestens einmal, den gesamten Wahlkampf über. Und durchaus zu recht, denn die Skandale sprudelten fast täglich in die Medien. Ein Skandal in der Größe von Mitt Romneys Ausrutscher hätte es bei Trump wahrscheinlich nicht mal in das Ressort Vermischtes geschafft. All die dunklen Machenschaften die auftauchten, seine Angriffe auf Richter, republikanische Ikonen, Kriegshelden … Weiterlesen

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