Plattformneutralität

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Die P. ist ein konzeptioneller Ansatz zur Gestaltung von Politik. Die P. versteht Institutionen wie Staaten, Schulen, Kultur und andere Plattformen als Infrastruktur des Informationsaustausches. Ähnlich dem Internet ist es deswegen geboten, die Grundvoraussetzungen zur Kommunikation auf diesen Plattformen zu neutralisieren. Vorbild ist die Netzneutralität.

P. ist ähnlich abstrakt wie das Konzept der „Nachhaltigkeit“, das die Grünen in Bezug auf Umweltfragen in die Politik trugen, aber dann auf alle möglichen Politikfelder ausweiteten. Wie aus dem Nachhaltigkeitskonzept lassen sich aus der P. politische Forderungen generieren: beispielsweise nach Grundeinkommen (ökonomische Möglichkeit der gesellschaftlichen Teilhabe), stärkeres Trennen von Kirche und Staat (Ende der Bevorzugung christlicher Datenpakete) oder der Kampf gegen Diskriminierung von bestimmten Bevölkerungsteilen.

Die P. will einfach überall einheitliche Voraussetzungen der Kommunikation schaffen und die Abhängigkeiten dieser vom „Goodwill“ der Infrastukturanbieter minimieren. Sie ist somit auch eine Antwort auf die Herausforderungen des Kontrollverlusts, weil sie die Folgen einer Preisgabe intimer Daten minimiert, indem sie versucht Abhängigkeiten zu verringern und Teilhabe bedingungslos zu garantieren.

Das Konzept der P. wurde in dem Dreiteiler „Managing CTRL-Verlust“ entwickelt.

1. Der Korridor der Politik im Internet

Eine Politik, die den Kontrollverlust vollkommen anerkennt, weil sie weiß, dass die Alternative in jedem Fall und aus jeder Perspektive schlechter ist, mehr Leid und weniger Freiheit für alle bedeutet. Es braucht eine Politik, die fordert, dass ein freies Internet nicht ein Vorrecht der Nerds und Kriminellen sein darf!

2. Plattformneutralität als Politik

Wichtig ist aber vor allem, dass die Zwänge auf Individuen, die von solchen Plattformen ausgehen, beseitigt werden. Es muss ein Recht auf die freie Nutzung von Plattformen geben, das nicht vom Anbieter eingeschränkt werden darf. Dafür braucht es gesellschaftlichen Druck und vor allem Multihoming. Teilhabe, Transparenz und Entscheidungsfreiheit müssen im Netz politisch durchgesetzt werden. Erst dann kann echter Wettbewerb und damit die Freiheit des einzelnen erhöht werden.

3. Vorschläge zu einer Politik der herrschaftsfreien Kommunikation

Mit anderen Worten kann man zusammenfassen, dass ein Kontrollverlust und dessen ungekannte Freiheiten erst dann wirklich zu realisieren sind, wenn wir es schaffen, uns selbst aus den verblieben Abhängigkeiten der modernen Welt zu befreien. Die “Ressource Ignoranz” – oder anders: die Freiheit, sich seine Realität als Empfänger zu gestalten und auf der anderen Seite seinen Kontrollverlust als Sender zu akzeptieren, setzt eine Art “Reallifeneutralität” voraus.

Das gesamte Konzept wurde schließlich auf der Sigint10 in einem Vortrag vorgestellt.

2011 stellte sich heraus, dass Konzept auch sehr gut auf die Politik der Piratenpartei anwenden ließ, wo es auch eine gewisse Wirkung hatte:

Es ist also eigentlich ganz einfach: Die Piraten verstehen die öffentlichen Institutionen als Plattformen, die Teilhabe ermöglichen. Und auf jede dieser Plattformen fordern sie diskriminierungsfreien Zugang für alle, weil sie im Internet erfahren haben, dass sich nur so Wissen und Ideen – und damit auch Menschen – frei entfalten können.

2013 machte ich mich daran, das Konzept definitorisch genauer auszuarbeiten. Hier der Vortrag auf der Openmind Konferenz:

Bezüge zu anderen Begriffen dieses Blogs:

– Die P. ist die politische Antwort auf die Folgen des Kontrollverlustes.

37 Kommentare zu Plattformneutralität

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