Links zum Kontrollverlust

Es scheint sich tatsächlich eine fruchtbare Debatte über das Internet als Medium des Kontrollverlustes zu entwickeln. Anstatt hier also den nächsten Text herein zu geben, will ich auf einige bemerkenswete und aktuelle Texte eingehen.

Markus Collati zeigt im Merkur sehr schön, warum im Internet Urheberschaft oder sonstige Kontrollinstitutionen so schlecht, beinahe unmöglich, umzusetzten sind.

„Aber man kann den großen Fluss nicht per Gesetz umlenken, wenn sein Bett so angelegt wurde, wie es ist. Stattdessen hat es etwas Bigottes, einen Eimer Milch in diesen Fluss zu schütten und dann vom Gesetzgeber zu verlangen, er möge doch bitte dafür Sorge tragen, dass diese Milch als Eigentum geschützt bleibe.“

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Stefan Noller – (Disclaimer: Noller ist der CEO einer großen Behavioral Targeting Firma) – hat sich spannende Gedanken über Post-Privacy und die Diskrepanz zwischen Datenschutzforderungen und dem aktuellen Lifestyle im Netz gemacht.

„Ich will das Problem nicht runterspielen – wie gesagt. Ich will nur deutlich machen, dass die Art wie wir mit persönlichen Daten umgehen sich gerade radikal ändert. Wirklich radikal – keine graduelle Verschiebung oder so. Die Änderung ist absolut fundamental und hat viele Grundannahmen um 180 Grad gewendet.“

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Tillmann Allmer reflektiert sehr intensiv das Thema dieses Blogs und legt dabei die Grundlagen all dessen offen, worüber ich hier schreibe. In der Tat werde ich auf diesen Text noch mal gesondert eingehen müssen, denn er nimmt einige Dinge zuvor, über die ich hier noch zu sprechen gedenke.

„Was das Internet nach und nach abschafft ist das Prinzip von Ordnung und Hierarchie. Jeder Versuch, das Internet linear zu erklären, muss scheitern, denn ein per se dezentrales System, kann keinen Kern haben. (…) Wir haben schon längst akzeptiert, dass wir als Autoren die Kontrolle über unsere Texte im Netz verloren haben. Es handelt sich um einen Paradigmenwechsel, denn der Leser kontrolliert den Hypertext. Im Internet wird nicht mehr von Anfang bis Ende gelesen, sondern kreuz und quer…(…) Wenn ich mich mit meinen Aktivitäten im Netz als Daten-Autor verstehe, muss ich zwangsläufig damit leben, dass ich die Kontrolle über meine Daten verliere? Die Kontrolle im Netz hat nicht der Autor sondern die hat der Leser. Die Datenleser sind Unternehmen, die aus meinen Datentexten eine Identität interpretieren, oder zumindest ein Profil von mir/über mich erstellen.“

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Zu letzt sei noch auf einen Text von Kristian Köhntopp hingewiesen, der sich schon oft durch sehr analytisches Aufdröseln der vertrakten Kontrollprobleme im Internet verdient gemacht hat. Diesmal entwickelt er eine furiose Argumentation für die Fusion verschiedener Grundrechte zu einer Art Grundrecht auf Netneutrality. Es wäre sowas wie das Grundrecht auf mittlerfreie Konnektivität und schließt somit perkekt an Allmers Analyse an. Ist das vielleicht eine wünschenswertere, wichtigere – weil realistischere – Forderung für die neue Art der Gesellschaftskommunikation?

„Es entsteht aus einer Grundrechtsfusion: Wir haben das Recht zu Senden und das Recht zu Empfangen, das ergibt sich aus der Meinungs- und Rezipientenfreiheit. Wir haben das Recht auf Privatsphäre und das Recht auf Gewährleistung der Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme. Das sind aber die Eckpunkte eines weiter reichenden Komplexes von zusammengehörenden Dingen, die am Ende das Recht des Menschen darstellen, andere Menschen zu finden und mit Ihnen Kontakt aufzunehmen und mit Ihnen zu kommunizieren ohne daß sich ein Mittler dabei einmisch und diese Kommunikation belauscht, verhindert, verändert, beschränkt oder sonstwie darin eingreft. “

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(Original erschienen auf der Website von FAZ.net)

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