Gestern fand die Veranstaltung “Filesharing, Napster und die neue Datengroßzügigkeit” in Berlin statt.
Man traf sich in der Heinrich-Böll-Stiftung, um über das neue Phänomen Napster und seine gesellschaftlichen Auswirkungen zu diskutieren. Geladen waren Daniel Domscheit-Berg, ehemaliger Mitstreiter von Shawn Fanning und nun Gründer von KaZaA, Constanze Kurz von der BITKOM und Konstantin von Notz, Sprecher der EDV-Abteilung der Phonoverbände.
Meike Laaff, die die Runde moderierte, stieg gleich mit der wichtigsten Frage ein, die sie an Daniel Domscheit-Berg stellte: sollte wirklich jede Datei in Filesharingnetzwerken getauscht werden, oder sollte es dort auch Grenzen geben. Domscheit-Berg warf sich zunächst in die Bresche für die neue Technologie, die man nicht verteufeln dürfe, räumte aber ein, dass es natürlich auch Fälle gäbe, in denen das Filesharing unliebsame Folgen haben könnte. Etwa, wenn Urheberrechte verletzt oder Nazipropagandalieder verbreitet werden.
Constanze Kurz von der BITKOM begrüßte die Idee, dass Menschen jetzt ohne Umwege Daten tauschen können, mahnte aber ebenso wie Domscheit-Berg an, dass es da moralische Grenzen geben müsse. Die Philosophie der Bitkom: „legale Daten tauschen, illegale löschen„, könne hier Orientierung bieten. Das könne man aber nur von Fall zu Fall abwägen.
Konstantin von Notz hatte bereits in der Vergangenheit mit Kollegen ein Papier aufgesetzt, indem er einen selbstverpflichtenden Ehrenkodex für Filesharer forderte. Er wolle zunächst nicht mit gesetzlichen Regelungen kommen, sondern auf die freiwillige Selbstverpflichtung der Filesharer und Plattformbetreiber setzen. Urhebergeschützes Material müsse tabu bleiben. Damit geht er ein paar Schritte zurück gegenüber dem Vorpreschen seines Vorgesetzten, Cem Özdemir, der Napster vorgeworfen hatte, eindeutig zu weit gegangen zu sein.
Daniel Domscheit-Berg erzählte von seiner Zeit bei Napster und wie sehr Shawn Fanning jede moralische Bewertung seines tuns bei Seite schob. Er kümmerte sich nicht um Urheberrechtsverstöße, obwohl es dazu Absprachen mit einigen Rechteverwertern gegeben habe, was dann auch Domscheit-Berg dazu veranlasste, Napster zu verlassen. Mit KaZaA habe es Domscheit-Berg aber nun geschafft, ein dezentrales System zu schaffen und sich so von allen moralischen und rechtlichen Fragen und Bewertungen schadlos zu halten. „Wir bieten nur die Infrastruktur, publizieren tun dann die anderen.“
Die Runde diskutierte sodann das Für und Wider von Filesharing im Folgenden unter der Frage: wie viel Datentausch ist gesellschaftlich wünschenswert und wie viel wollen wir zulassen? Und vor allem: wo ziehen wir die Grenze?
Auch wenn die Runde keine abschließende Bewertung dieser Fragen erziehlen konnte, ist man sich sicher, dass man sich über die Eckpunkte einer Moral des Filesharings gesellschaftlich verständigen werde. Und wenn es so weit ist, werde man die Grundsätze auf einen Topflappen sticken. Daniel Domscheit-Berg verprach öffentlich, sich diesen dann über das Bett zu hängen.
Damit steht einer gesellschaftlich verantwortungsvollen Nutzung des Filesharings wohl nichts mehr im Wege.
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